Was bemerkt der betroffene Mensch bei einer diabetischen Retinopathie?
Keine Beschwerden – falsche Sicherheit!
Das Tückische an der diabetischen Retinopathie ist ihre Symptomarmut in den Anfangsstadien.
Die Diabetesveränderungen an der Netzhaut des Auges beginnen schleichend, sind völlig schmerzlos und schreiten voran, ohne dass der Betroffene hiervon zunächst etwas merkt. Das führt dazu, dass über ein Viertel der Betroffenen von ihrer Diabeteserkrankung nichts wissen, wie in einer aktuellen repräsentativen Erhebung in Mainz und Umgebung festgestellt wurde.
Aus diesem Grund liegen bei einem Teil der Menschen mit Typ 2-Diabetes bei der Erstdiagnose der Stoffwechselerkrankung bereits unbemerkt Netzhautveränderungen vor. Nach älteren Studiendaten sind bis zu einem Drittel der an Typ 2-Diabetes Erkrankten schon bei Erkrankungsdiagnose betroffen.Nicht selten kommt es vor, dass sich der Verdacht auf das Bestehen eines Diabetes mellitus erst ergibt, wenn der Augenarzt bei der Untersuchung des Augenhintergrundes die charakteristischen Gefäßveränderungen feststellt.
Erst die Komplikationsstadien einer fortgeschrittenen diabetischen Retinopathie führen z. B. durch Schädigung der Stelle des schärfsten Sehens wegen einer Makulaschwellung (Makulaödem) oder auch durch Blutungen in den Glaskörper zu merklichen Sehstörungen. Bei Symptomen besteht also meist bereits eine fortgeschrittene Netzhautschädigung. Um schwere Netzhautschäden durch Diabetes mellitus möglichst zu vermeiden, ist demnach eine Diagnose schon in frühen Stadien der diabetischen Retinopathie sinnvoll (Früherkennung), in denen der Patient noch keine Sehbeeinträchtigung hat und die Therapieaussichten gut sind.Eine Augenuntersuchung sollte daher regelmäßig wahrgenommen werden und nicht erst bei Sehproblemen erfolgen.
Beschwerden als Hinweise auf mögliche Komplikationen!
Erst bei fortgeschrittener diabetischer Retinopathie, wenn entweder die Stelle des schärfsten Sehens, die Makula, mit betroffen ist, oder wenn Glaskörperblutungen oder Netzhautablösung infolge der Gefäßwucherungen einer proliferativen Retinopathie auftreten, kann der Betroffene bemerken, dass mit seinen Augen etwas nicht in Ordnung ist.
Der Befall dieser Stelle des schärfsten Sehens führt zu einer deutlichen Seheinbuße, da an dieser Stelle die Fixation des Blickes erfolgt und nur mit diesem relativ kleinen zentralen Netzhautbereich ein scharfes Sehen möglich ist, wie es z.B. für Lesen , zur Gesichter-Erkennung, zum Autofahren etc. benötigt wird. Ein Makulaödem, als die Schwellung der zentralen Netzhaut, kann nicht nur die Sehschärfe reduzieren. Da in diesem Bereich auch die Farbrezeptoren der Netzhaut gelegen sind, können auch Farbsehstörungen auftreten. Vor allem die bei Diabetes recht häufig früh auftretende Blau-Gelbschwäche kann das Ablesen von farbskalierten Blutzuckerteststreifen stören, so dass hier auf andere Meßanzeigemethoden ausgewichen werden muss. Ferner können die Ödem-bedingten Verformungen der zentralen Netzhautstrukturen ein Verzerrtsehen hervorrufen, so dass gerade Linien als gekrümmt wahrgenommen werden (Metamorphopsien).
Blutungen im Glaskörperraum infolge einer proliferative Retinopathie stören den Lichteinfall auf die Netzhaut und werden meist als hin und her schwebende Wolke empfunden. Es kann je nach Blutungsausmaß auch zu kompletter Eintrübung des Glaskörpers mit entsprechend massiven Sehbeeinträchtigungen bis auf Handbewegungssehen kommen. Wenn Gefäßproliferationen einen Zug (Traktion) auf die Netzhaut ausüben, kann dies zu Wahrnehmung von Lichtblitzen führen. Kommt es zu einer Netzhautablösung, so wird diese meist als unbeweglicher Schatten wahrgenommen, der langsam voranschreiten kann.
Phänomene, die auf ein Makulaödem hindeuten können:
- Schwankungen der zentralen Sehschärfe (Nebel-, Verschwommensehen)
- nicht korrigierbare Verschlechterungender Sehschärfe,
- Abnahme der Farbintensität.
- Verzerrtsehen (Metamorphopsien)
Hinweise auf eine möglich ausgeprägte periphere Retinopathie im Proliferationsstadium
oder beginnende Netzhautablösung:
- Lichtblitze verbunden mit oder unabhängig von Augenbewegungen bei Zug an der Netzhaut,
- Rußregen durch eine Einblutung in den Glaskörperraum
- Schatten oder Schleier von außen
All diese Warnsymptome sollten ernst genommen werden und zu einer zeitnahen Vorstellung bei einem Augenarzt führen. Leider wird aufgrund des schleichenden Verlaufes der Erkrankung eine langsam einsetzende Sehverschlechterung oftmals erst spät wahrgenommen. Da es andererseits Diabetes-bedingt zu Schwankungen der Brechkraft aufgrund von Schwankungen des Zuckerspiegels kommen kann und da es viele weitere Ursachen einer Sehstörung gibt, kann die obige Liste mit Symptomen nur Hinweise auf mögliche Ursachen geben, die dann aber einer augenärztlichen Überprüfung bedürfen.